Sächsische Zeitung
Uraufführung eröffnet Dresdner „TonLagen“-Festival
2. Oktober 2011
Die Geschichte um „Das Herz von Jenin“ hat das Kinopublikum bewegt. Jetzt wurde in Dresden das Musikstück „Cinema Jenin – A Symphony“ uraufgeführt.
Mit der Uraufführung des Werkes „Cinema Jenin – A Symphony“ ist am Samstagabend das Dresdner „TonLagen“-Festival für zeitgenössische Musik eröffnet worden. Die Dresdner Sinfoniker traten dabei gemeinsam mit Musikern aus dem Iran, Ägypten, Israel, dem Westjordanland und den USA auf. Die Musik entstand im Zusammenhang mit dem Film „Cinema Jenin“ des Deutschen Marcus Vetter. Er schildert darin den Wiederaufbau eines Kinos in der Ortschaft Dschenin (Jenin) im Westjordanland. Der Iraner Kayhan Kalhor komponierte die Musik.
Das Publikum im ausverkauften Hellerauer Festspielhaus zeigte sich sehr bewegt von dem von Filmbildern begleiteten Abend. Der Film hat einen tragischen Hintergrund: 2005 erschoss in Jenin ein israelischer Soldat ein Kind, das eine Spielzeugpistole in der Hand hielt. Filmemacher Vetter begleitete den Vater des Kindes nach Israel – denn Ismael Khatib, Widerstandskämpfer aus dem palästinensischen Flüchtlingslager von Jenin, spendete die Organe seines Sohnes israelischen Kindern. Vetter wollte seinen Film „Das Herz von Jenin“, der 2010 den Deutschen Filmpreis als bester Dokumentarfilm gewann, unbedingt auch in Jenin selbst zeigen. Das einzige Kino der Stadt war seit Ausbruch der ersten Intifada geschlossen. Vetter und Khatib halfen, es wieder aufzubauen. Die Filmkamera lief dabei mit. Für den neuen Dokumentarfilm „Cinema Jenin“ komponierte Kalhor eine Sinfonie. Die Uraufführung sollte live zur Filmvorführung in Jenins frisch renoviertem Kino stattfinden. Der Mord an dem israelischen Filmregisseur Juliano Mer-Khamis machte das unmöglich.
Stattdessen spielten die Dresdner Sinfoniker das Werk nun unter der Leitung des Dirigenten Andrea Molino erstmals. Juliano Mer-Khamis und Ahmed Khatib gewidmet, ist „Cinema Jenin – A Symphony“ ein Stück, das für europäische Ohren fremdländisch klingt, aber in Begleitung der Filmbilder klare Botschaften transportiert. Die Musik schildert Kämpfe, sie trauert, sie will erinnern, mahnen und Hoffnung machen. Die solistische Besetzung mit Musikern aus acht Nationen ist als Bekenntnis zur Versöhnung zu verstehen. Dass das Dresdner Orchester dafür nur einen schlichten, traditionell tonal gewebten Klangteppich liefern durfte und höchstens einmal die Melodien spiegelte, die Sa’ad Mohamed Hassan im arabischen Stil vorgeigte, ist aus musikästhetischen Gründen vielleicht bedauerlich, tritt aber bescheiden hinter die Botschaft zurück. Die Bilder, die Vetter vom Wiederaufbau des Kinos aufnahm und die vom Produzenten Ben Deiß für den Abend zusammengestellt worden waren, wurden über das Orchester projiziert und hatten ihre eigene, unmissverständliche Sprache.