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TonLagen-Festival Dresden wartet mit der Uraufführung der Dschenin-Symphonie auf

28. September 2011

Die kleine Stadt Dschenin (englisch: Jenin) im Westjordanland galt lange als Terroristenhochburg und ist wegen einer Tragödie bekannt. Hier erschossen israelische Soldaten 2005 den elfjährigen Ahmed Chatib, weil sie seine Wasserpistole für eine scharfe Waffe hielten. Ahmeds Vater Ismail und seine Frau spendeten die Organe ihres toten Jungen und retteten so fünf israelischen Kindern das Leben. Chatibs Name wurde zum Friedenssymbol. Die Geschichte wird im Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ (2008) erzählt. Regisseur Marcus Vetter wollte ihn auch in Dschenin zeigen. Doch ein Kino gab es dort seit der ersten Intifada 1987 nicht mehr, es war dem Verfall preisgegeben. Isamil Chatib und Marcus Vetter hatten die Idee, es wieder aufzubauen.

2010 war es soweit. Inzwischen ist „Heart of Jenin“ dort gelaufen. Widerstände gab es viele, auch von palästinensischer Seite. Vetters neuer Film handelt nun vom Wiederaufbau des Kinos. Die Musik dazu schrieb der iranische Komponist Kayhan Kalhor. Zur Eröffnung des Festivals TonLagen an diesem Samstag im Dresdner Festspielhaus Hellerau hat „Cinema Jenin – A Symphony“ Uraufführung. Dann stehen neben Musikern aus dem Iran, Ägypten, Israel und den USA auch die Dresdner Sinfoniker auf der Bühne. Intendant Markus Rindt hatte „Das Herz von Jenin“ im Sommer 2010 am Originalschauplatz gesehen. „Im Juni 2010 war ich das erste Mal in Dschenin und völlig überwältigt von dem Aufbruch-Elan“, schildert Rindt seine Eindrücke. Auch etwa 100 deutsche Jugendliche und Palästinenser halfen mit, das Filmtheater zu sanieren. Heute hat es einen Saal mit 400 Plätzen. Bei Open-Air-Kinoaufführungen können bis zu 2000 Leute zuschauen. Ein aufgeschütteter Strand mit Pool ist nun zentraler Punkt für Kinder und Jugendliche in dem eher trostlosen Ort, sagt Rindt. Das Meer sei in Sichtweite, wegen der Sperranlagen aber für viele unerreichbar: „Es gibt eine tolle Aufbruchstimmung, natürlich verbunden mit der Frustration, eingesperrt zu sein.“

Eigentlich sollte „Cinema Jenin – A Symphony“ im dortigen Filmtheater seine Uraufführung haben. Die Ermordung von Juliano Mer-Chamis, Chef des Freedom Theatre in Dschenin, im April dieses Jahres hat das verhindert. Aus Sicherheitsgründen wurden die Reisepläne verworfen. Marcus Vetter hat die Fertigstellung seines Filmes verschoben, weil er die Tragödie um den getöteten Theatermann noch mit einbauen will. Nach Aussagen von Rindt möchten die Musiker die Filmmusik gern auch im Westjordanland spielen – irgendwann, wenn das einmal möglich ist. Rindt und Mitproduzent Ben Deiß haben lange dafür gearbeitet. Zunächst ist aber Dresden Schauplatz der Premiere.