Frankfurter Rundschau

Eine Symphony für Palästina

1. Juni 2013

Kurz vor Konzertbeginn macht sich Nervosität breit. Werden die Palästinenser kommen? Die Dresdner Sinfoniker und ihr Dirigent Andrea Molino haben keine Ahnung, was sie im Kulturpalast von Ramallah erwartet – die Zuhörer auch nicht. Aber der Titel „Symphony for Palestine“ zieht. Mehr und mehr Leute füllen die Plätze, an die 500 sind es, als die Sinfoniker schließlich auf die Bühne treten. Klassische Konzerte hat man in Ramallah öfters erlebt – Daniel Barenboim sei Dank. Aber solch grenzüberschreitende Klänge wie an diesem Donnerstag hat das Publikum selten vernommen. Das liegt nicht zuletzt an den orientalischen Instrumenten – Oud, Qanun, Kamancheh und Tamburin –, die der iranische Komponist Kayhan Kalhor mit einem europäischen Streichensemble verknüpft. Die Symphonie für Palästina, eine Mischung aus arabischen Volksweisen, persischen Melodien und minimalistischer Klassik, bewegt. Am Ende Standing Ovations. „Nie hätte ich gedacht“, meint eine junge Kopftuch-Frau, „dass Palästina so inspirierend ist“.

Am 30.05.2013 wird die „Symphony for Palestine“ zum ersten Mal in Ramallah aufgeführt. Die Erstaufführung des Stücks fand aufgrund damaliger Sicherheitsbedenken in Dresden statt. Molino, der tänzerische Dirigent, schwebt auf Wolken. Die „Palestine Symphony“ vor leibhaftigen Palästinensern zu spielen, sagt er, „ist unvergleichlich“. Und das in mehrfacher Hinsicht. Vor zwei Jahren gab es das Vorhaben schon mal, aber musste vertagt werden. Nach dem Mord an Juliano Mer Khamis, dem Leiter des „Freedom Theatre“ in Jenin, überwog die Angst. Unter dem Eindruck des Attentats hat Kalhor denn auch die Musik geschrieben. Jedenfalls fand die eigentlich im Cinema Jenin geplante Uraufführung der Palästina-Symphonie am Ende in Dresden statt. Auch das Werk hat den Titel gewechselt. Die Namensidee „Symphony for Palestine“ kam erst auf, nachdem „Symphony for Peace“ fallen gelassen wurde, weil Palästinenser rieten, zu viel Friedensgetue sei angesichts der Verhältnisse nicht gerade glaubwürdig. Dafür haben sie jetzt eine ihnen gewidmete Symphonie.