taz

Geigen gegen die Mauer von Trump

10. April 2017

Die Dresdner Sinfoniker spielen am 3. Juni in San Diego

Gegen den Ausbau des Grenzzauns zwischen den USA und Mexiko zu einer Mauer regt sich auch aus Künstlerkreisen Widerstand. Im Rahmen ihrer Mexiko-Tournee wollen die Dresdner Sinfoniker am 3. Juni mit einem Konzert gegen die Mauer protestieren. Es soll im küstennahen Friendship-Park von San Diego, Tijuana, unter Beteiligung von Musikern beider Länder stattfinden.Das Motto „Tear down this wall“ ist einem Ausspruch des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan entlehnt. Zugleich rufen die Sinfoniker zu einem Kunst-Happening entlang der 3.200 Kilometer langen Grenze auf.

„Wir hatten immer schon Interesse an anderen Kulturen und deren Musik. Dabei kommt man an deren politischen Problemen nicht vorbei“, erklärt Intendant Markus Rindt. Der 49-jährige Hornist gründete vor 20 Jahren gemeinsam mit Sven Helbig die Dresdner Sinfoniker, ein vorwiegend der Gegenwartsmusik verpflichtetes Projektorchester. Ihr gesellschaftliches Engagement führte sie bereits nach Palästina und in andere Konfliktregionen. Im Vorjahr erregte ihr Projekt „Aghet“ über den türkischen Völkermord an den Armeniern Aufsehen. Nach Aufführungen in Berlin und Dresden-Hellerau kam ein geplantes Konzert in Istanbul nicht zustande.
Rindt reagiert auch persönlich sehr allergisch auf die neue „Einmauerungswelt“. Im Oktober 1989 gehörte er zu den Flüchtlingen, die über die Prager Botschaft die DDR verlassen konnten. „Durch Abschottung hat sich das Elend auf der Welt nicht verbessert“, mahnt er. Nun hofft er, dass der Auftritt der Sinfoniker an der mexikanischen Grenze weitere Aktionen initiiert.

Über Netzwerke und im Internet unter www.tear-down-this-wall.org ruft das Orchester zu weiteren „originellen Aktionen“ entlang der Grenze am 3. Juni auf. Schon jetzt lässt der engmaschige Zaun nur „Fingerküsse“ zu, kann aber eine musikalisch-akustische Verbindung von Musikern beider Seiten nicht verhindern. Die Dresdner Sinfoniker werden nur in Big-Band-Besetzung von etwa einem Dutzend Musikern aus Deutschland anreisen und sich vor Ort verstärken. Auch mit zwei Kinderchören ist man im Gespräch. Popstars wie Roger Waters oder Pink Floyd sind angefragt.
Die zusätzlichen Kosten von etwa 15.000 Euro wollen die Musiker mit einer Crowdfunding-Kampagne über die Kickstarter-Plattform finanzieren. Bereits am ersten Tag, dem vorigen Donnerstag, gingen 600 Euro ein. „Keine Stiftung würde hier fördern“, bedauert Markus Rindt. „Das wäre politisch zu heiß!“

MICHAEL BARTSCH